FRANZ VON SUPPÈ

der aus Dalmatien stammende Vater der Wiener Operette


Die Übersetzung des kroatischen Aufsatzes unter dem Titel „Die neue Belebung von Franz von Suppè – eines europäischen Komponisten aus Kroatien“ von Sandra Hrašćanec in deutscher Sprache. Erstveröffentlichung Kroatisch 2014 auf der Website der Österreichisch Kroatische Gessellschaft http://www.oekg.at/article/11177 und auf dem kroatischen Portal in der Schweiz Croatia.ch http://arhiva.croatia.ch/kultura/glazba/140714.php

Vorspann – Theater Gesänge

Prof. Vladimir Haklik (geb. 1937 Zagreb) besitzt eine große Sammlung von Kopien der Werke von Franz von Suppè: Bücher, Bilder und Texte. Was mich aber besonders angesprochen hat, waren Lieder von Franz von Suppè, die von renommierten Wiener Verlegern jener Zeit herausgegeben wurden.

Diese Lieder sind heutzutage leider nicht mehr zu hören. Ich habe von etwa 100 Liedern nur jene ausgewählt, die für meine tiefe Stimme geeignet sind. Ich habe sie mehrmals aufgeführt, vor allem seine Theater Gesänge*. Diese Sammlung stellt eine „Miniform“ von Musiktheater dar: Gesang - Spiel - Darstellung. Zu Lebzeiten von Suppè wurden sie in den Pausen der Theatervorführungen meistens von Schauspielern aufgeführt, um das Publikum zu erheitern.

Seitdem gibt es keine Nachweise dafür, dass sie später irgendwo aufgeführt wurden. Heutzutage gibt es ähnliche Kurz-Lied-Formen z.B von der Komponistin Manuela Kerer (geb. 1980): Wall-street-Wall für Mezzo, Stepschuhe, Klavier und Violoncello (2010). In dieser Form drückte sich auch Alfi Kabiljo (1935) aus, der drei humorvolle Gedichte von Francois Rabelais Rabelais tripartitus (2005) vertonte und dieursprünglich dem Bassbariton Giorgio Surian (1954) gewidmet hat. Da diese dunkle Tonart gut zu meinem dramatischen Alt passte, habe ich in diesem Werk ein szenisches Potenzial erkannt und es daher ebenfalls mit Gesang, Spiel und Darstellung aufgeführt - auf Kroatisch und Deutsch (in Übersetzung von Elisabeth Malasek). Alle diese Stücke sind Bestandteile meines Konzertrepertoires.

Die Neubelebung dieser Aufführungen wird in den Theatern in welcher Form auch immer, sicher wieder kommen.


Franz von Suppè (please note that his signature ends with è, and not é).
His family roots are Belgian. He wrote for himself "sono Dalmata" (I am Dalmatian).
He wrote a collection of Dalmatian culinary recipes (in manuscript, unpublished).

Franz von Suppè wurde im Jahr 1819 im dalmatinischen Split als Sohn eines Beamten geboren. Die Familie wanderte von Belgien nach Dalmatien und ließ sich hier nieder**. In den meisten Biographien von Suppè kann man hierzu unrichtige Angaben lesen wie etwa folgende: sein Großvater stamme aus Cremona und seine Großmuter und Mutter wären dort geboren worden. Ebenso existiert die Schreibweise seines Namens Suppé mit dem falschen Akzent. Zur Verbreitung dieser Schreibweise hat unter anderem der ORF durch die Übertragungen von Neujahreskonzerten in die ganze Welt beigetragen.

Sein Urgroßvater heiratete angeblich eine kroatische Adelige namens Vukasović ***. So gehörte Franz von Suppè zur dritten Generation seiner Familie in Dalmatien.

Das Dreieinige Königreich Kroatien, Dalmatien und Slawonien war damals politisch nicht geeint. Das Königreich Dalmatien selbst wurde nach dem Wiener Kongress von 1815 im Jahre 1840 der

Verwaltung in Wien unterstellt. Kroatien und Slawonien gehörten zu den Ländern der Stephans-Krone und standen unter der Verwaltung von Budapest bzw. wurden vom Kroatischen Landtag von Zagreb aus regiert.

Franz von Suppè war stolz auf seine Abstammung und betonte immer wieder mit seiner tiefen Stimme: „sono Dalmata“ - „Ich bin ein Dalmatiner“!

Professor Vladimir Haklik arbeitet an einer Biographie über Franz von Suppè. Ich hoffe auf das baldige Erscheinen des Werkes mit den Angaben zu den verwendeten Quellen und der Literatur.

Interessant war für mich auch das handgeschriebene Kochbuch von Suppè das sich im Besitz von Prof. Haklik befindet. Ich konnte in diesem Buch zahlreiche Rezepte der dalmatinischen, italienischen und Wiener Küche lesen. Das Kochen war offenbar sein geliebtes Hobby. Vielleicht könnte man eine bescheidene Parallele zum Komponisten G. Rossini – dem größten Koch unter den Komponisten - ziehen. Auch darin war er ein Kind seiner Zeit.

Obwohl über Suppè viel geschrieben wurde, ist über sein privates Leben dennoch wenig bekannt. Er hat weder eine Autobiographie verfasst noch ein Tagebuch geführt. Jedoch in einem Kalender aus dem Jahre 1854 machte er einige Notizen über seine Familie und Freunde wie auch über die Daten der Uraufführungen seiner Werke.

Franz und seine Mutter verließen Zadar am 3. September 1835, nachdem sein Vater an den Folgen einer Austernvergiftung gestorben war. Sie ließen sich in Wien nieder, wo die Familie mütterlicherseits von polnisch-tschechischer Herkunft lebte. Dies war das Glück im Unglück des damals nicht eimal sechzehnjährigen Franz, der Komponist werden wollte. Musikalische Grundausbildunge erhielt er schon in Zadar bei G. Cigalle. Die Flöte lerne er dort bei G. Ferrari. In Zadar, mit dreizehn Jahren schrieb er eine Messe, die er nach der Übersiedlung nach Wien überarbeitete und beim Verlag C.A. Spina unter dem Titel „Missa Dalmatica“ herausgab.

Auch seine erste Operette „Il pommo“ begann er 1843 in Zadar aber sie blieb unvollendet. Sein Vater wollte nicht, dass er Musiker wird sondern der Junge sollte Recht an der Universität Padua studieren und später eine Beamtenkarriere einschlagen.

In Wien setzte er seine musikalische Ausbildung fort und wurde bald Dirigent und Theaterkomponist. Er wurde engagiert am Theater in der Josefstadt (1840), Theater an der Wien (1845) wie auch am Kai Theater (1862) und Karlstheater (1863-1882). Zu dieser Zeit war er als der beste und vielseitigste, ein angesehener Komponist in Österreich. Er starb im 76. Lebensjahr an Magenkrebs. Zu seiner Zeit war er einer der wenigen, wenn nicht der einzige der Komponisten, der wohlhabend gestorbenen ist.

Mit Franz von Suppè beginnt die Epoche der sogennanten Goldenen Wiener Operette. Seine Operetten sind auch die Antwort Wiens auf die ersten Operetten Jacques von Offenbachs in Frankreich. Die Wiener begannen die Idee eines Musiktheaters zu lieben. Erst nach Suppè meldeten sich auch andere große Operettenkomponisten wie Giovanni von Zaytz (Ivan pl. Zajc) ebeso aus Kroatien, Johann Strauss, Franz Lehar, Robert Stolz u.a.

Nun wissen die Kroaten über Suppè nicht viel, da sie ihn nie im Detail erforscht haben. Wenn sie über Suppè schreiben, auch in den Konzert- und Opernprogrammen, machen sie oft unrichtige Angaben zu seiner Biographie. Beispielweise in der Ankündigung seiner Oper „Des Matrosen Heimkehr“ (1885), die im Musiksommer Split 2013 aufgeführt wurde. Mit dieser romantischen Oper wollte Suppè seiner Heimat Dalmatien ein Denkmal errichten.

So wird im Programmheft gemutmaßt, dass die Orginalpartitur verschollen wäre, und der Ort der Handlung sich vermutlich auf der Insel Hvar befindet. Zum Glück ist die Partitur nicht verloren gegangen, sondern befindet sich im Archiv des Musikvereins in Wien. Im Manuskript sind auch Ort und Zeit der Handlung genau angegeben: Insel Lesina im Jahr 1816. Die heutige Insel Hvar in Kroatien hieß auf italienisch Lesina (vom kroat. Wort Les).

Zudem wird behauptet der Komponist G. Donizetti wäre ein entfernter Verwandter der Familie Supppè. Diese Behauptung konnte bis heute nicht bestätigt werden. Seine Mutter war eine Wienerin polnisch-tschechischer Herkunft, und ihr Vater hieß Jandowsky. Es wird auch schriftlich behauptet, dass Suppè selbst die biographischen Unwarheiten verbreitet hätte. Es wäre durchaus möglich, dass Suppè als humorvoller Mensch solche biographischen „Behübschungen“ und geistreiche Anektoten selbst gestreut hat.

Seine Liebe und Sehnsucht nach Dalmatien brachte Suppè in seinem Lied „Lebewohl Zara“ (kroat. Zadar) in deutscher Sprache schön zum Ausdruck.

Um dem Zagreber Publikum Suppès Theaterlieder näher zu bringen, übersetzte ich sie in die kroatische Sprache. Zu Suppès Lebenszeit war von der Wiener Regierung 1815 als Amtsprache Italienisch eingeführt. Die übersetzten Lieder entlocken dem Publikum stets ein Lächeln, da Suppè, wie schon gesagt, von einem heiterem Wesen war und ein ausgeprägtes Gespür für Humor besaß. Als erstes führte der kroatische Schriftsteller, Abgeordneter im Zagreber Rathaus, August Šenoa (1838-1881) Suppè in Kroatien auf, und zwar dessen Operette „Flotte Burschen“. In seinem Aufsatz über die Aufführung dieses Werks 1866, beklagte er die Übersetzung und hob hervor, dass „die Intonation der Übersetzung sich durchaus nicht mit dem musikalischen Rhytmus verträgt.“ ****

Daher war die Übersetzung der Theaterlieder ins Kroatische für mich kein leichtes Unterfangen. Aber, Übersetzerin und Liedinterpretin in Personalunion zu sein war in diesem Fall für mich durchaus
von Vorteil.

Es ist auch interessant zu erwähnen, dass Tin Ujević (1891 – 1955), ein namhafter kroatische Dichter, Suppè unter sieben Komponisten als „Meister der geschriebenen Wortes“ anführt. Das waren nähmlich diejenigen, die selbst die Libretti für ihre Werke (Opern und Operetten) geschrieben haben.

Es ist bis jetzt nicht wissenschaftlich Bewiesen, ob und wie Franz von Suppè die kroatische Sprache in Wort und Schrift beherrschte. Es ist sicher, dass sein Großvater Kroatisch konnte, denn er lebte in der Stadt Makarska in Dalmatien, wo die Bevölkerung ausschließlich Kroatisch sprach. In dem Brief den der montenegrische Fürst Danilo I. von Montenegro (1826 – 1860) Suppès Großvater geschrieben hat steht: „Nachdem Sie unsere Sprache sprechen, bleiben sie dem Volke treu.*****

Auch Suppès Vater musste die italienische und kroatische Sprache können, denn er war als Staatsbeamter des Bezirks Zadar ständig in Kontakt mit Kroaten und Serben, die in der Umgebung mehrheitlich lebten. Auch Franz ist in Zadar aufgewachsen wo man zweisprachig war. Von dem umfassenden Werk Suppès sind auf den heutigen Opernbühenen nur einige seiner Operetten erhalten, z.B. „Die schöne Galathée“ und „Boccacio“.

„Die schöne Galathée“ ist ein Einakter, geeignet für eine Aufführung in kleinen Theatern, was in finanziellen Krisenzeiten durchaus von Vorteil ist. Auch das Libretto ist noch aktuell: Drei Männer aus unterschiedlichen Generationen und Positionen verlieben sich in eine gewöhnliche Skulptur der schönen Galathée, die von deren mächtiger Liebe und dem Gebet zu den Göttern zum Leben erweckt wird. Doch mit ihrer Belebung schlägt sie ihren eigenen Weg ein und wehrt alle drei Männer ab, indem sie deren Schwächen erkennt.

Größte Populariät und Aufführungsquote genießen zahlreiche Ouvertüren von Suppès Opern die häufig auf den Konzertbühnen der Welt gespielt werden. Die bekannteste unter ihnen ist die Ouvertüre „Dichter und Bauer“. Häufig wir die Ouvertüre „Leichte Kavallerie“ beim Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker, so auch 2013, gespielt.

Johanna Ziegler, Korrepetitorin der Pädagogischen Gesangsabteilug der mdw, spielte in unserem gemeinsamen Konzert, im Europahaus in Zagreb, am 12. Februar 2014, die Klavierausgabe der populären Ouvertüre zur Oper „Die schöne Galathée“.

Auch zu unserer Zeit wird weltweit Suppès „Requiem“ und die „Missa Dalmatica“ aufgeführt. Es ist zu begrüßen, dass die schon erwähnte Oper „Des Matrosen Heimkehr“ beim Sommerfestival Split 2014 auf dem Programm stand. Dieses Werk enthält nähmlich alle Elemente einer Nationaloper. (Ort des Geschehens, Handlung, Namen der Charaktere etc.)

Auch nach der Übersiedlung nach Wien blieb Suppè mit mehreren Personen in Zadar in brieflichem Kontakt, besonders mit dem Franziskaner Pater und Historiker Donat Fabijanic (Križ, 1880) wie auch mit dem Kapellmeister Zink.

Der Philharmonischen Gesellschaft in Zadar widmete er mehrere seine Kompositionen. 1860 wurde dort auch sein Oratorium „Extremum Juditium“ („Das Gericht der Toten“), für Soli, Chor, Orchester und Orgel uraufgeführt und gewidmet dem montenegrinischen Fürsten Danilo II. Nach Dalmatien kehrte er in den Jahren 1860 und 1878 zurück. Das Leben und das Werk Franz von Suppès ist ein Steinchen im Mosaikgefüge der historischen kroatischen Provinzen im mitteleuropäischen Kulturkreis. Das muss umso mehr erwähnt werden, weil dies alles nach dem 1. und besonders nach dem 2. Weltkrieg bewusst ignoriert und verschwiegen wurde.

Mag.iur Sandra Hrašćanec
Mezzospopranistin
www.sandra-wigh-hrascanec.com

* 14.2.2014 Europäisches Haus in Zagreb, 10.11.2014 Festsaal des Bezirksamtes Wieden 18.11.2014
Kulturzentrum Neue Zagreb, 24.6.2014 und 29.7.2015 in der Krypta der Peterskirche Wien, 22.11.2014
im Musiksaalon der Bank Austria im Alten Rathaus etc.
Ein Video Beispiel: https://www.youtube.com/watch?v=llpViHpPUfU
** Stadtarchiv Zadar
*** Prof. Haklik besitzt die Kopie der Urkunde.
**** Lovro Županović: Hrvatski pisci između rijeći i tona, Matica Hrvatska, Zagreb MMI
***** Prof. Haklik besitzt die Kopie der Urkunde.

Copyright ©Sandra Hrašćanec




Franz von Suppè (in English)

History of Croatian Music





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